Wie finde ich einen guten Hundezüchter?

16.05.2015

Auswahlhilfe für zukünftige Hundebesitzer. Persönlicher Kontakt und gutes Gefühl sind entscheidend.

Stellen Sie sich vor, Ihre 15-jährige Tochter eröffnet Ihnen, dass sie schwanger ist und das Kind bekommen will. Einige Monate später ist das Baby da und eines ist Ihnen klar, ab nun werden Sie die Verantwortung für das Kind haben. Sie werden es in den ersten Monaten wickeln, füttern und in den Armen wiegen. Ihm alles zeigen, was es als Mensch kennen sollte. Es durch Kindergarten und Schule begleiten und ihm das erste Einmaleins des Lebens beibringen.

Nun haben Sie eine gute Vorstellung davon, was ein Züchter leisten muss. Ähnlich Eltern, die die Schwangerschaft einer minderjährigen Tochter auffangen, übernimmt ein verantwortungsvoller Züchter Aufgaben, die eine Mutterhündin in unserer Gesellschaft kaum eigenständig leisten kann.

Der folgende Artikel beleuchtet einige Aspekte, die Interessenten helfen sollen, verantwortungsvolle und sachverständige Züchter zu erkennen und damit einen guten Start in die gemeinsame Hund-Mensch-Zeit zu ermöglichen.

Jedes Jahr wieder überlegen sich viele Menschen einen Hundewelpen zu adoptieren. Meist hat man eine bestimmte Hunderasse im Blick – Film und Fernsehen sei Dank - und die Entscheidung ist schnell getroffen: „so einer soll es sein“.

Dann ist aber meist guter Rat teuer. Woher einen solchen Hund bekommen? Der folgende Artikel soll die Suche nach einem guten Hundezüchter unterstützen, da man hier dem neuen Familienmitglied viel Positives für sein weiteres Leben mitgeben und sich selbst viel Mühe, Frustration und finanziellen Aufwand ersparen kann.

Eine Beobachtung aus meinem Hundetraineralltag: vielfach sieht man einen Hundewelpen in Film, Fernsehen oder in der Werbung und entscheidet sich, genauso einen auch zu wollen. Nun ist guter Rat teuer. Woher bekommen? Es soll ja auch möglichst schnell gehen.

Beschäftigung mit dem Hintergrund der Hunderasse als Grundvoraussetzung

Das Internet hat hier leider keine gute Hilfe bereitgestellt. Auf diversen Plattformen werden Hunde jedweden Alters feilgeboten, das verleitet zum schnellen Kauf eines jungen Hundes. Dies ist weder eine gute, noch eine vernünftige Vorgehensweise. Das Risiko ist sehr groß, an einen profitorientierten Züchter, an einen Vermehrer oder an einen gering sachkundigen Verkäufer zu geraten.

Viel besser ist es, sich mit der gewünschten Hunderasse im Detail auseinander zu setzen. Was ist der Zuchthintergrund des Hundes (für welchen Einsatzzweck ist die Rasse ursprünglich gezüchtet worden). Hieraus ergeben sich Hinweise, wie sich der Hund von seiner grundsätzlichen Veranlagung her möglicherweise zukünftig verhalten wird, ob er sich stark am Menschen orientieren wird, weitestgehend autonom und losgelöst seine Runden dreht, den Menschen vielleicht kontrolliert und in der Herde zusammenhält oder zukünftig keine Freunde oder Fremden in die Wohnung lässt (oder hinein ja - aber nicht hinaus – genauso schlecht). Für den Interessenten ergeben sich hier erste Ansätze zu prüfen, ob einem eine solche Hunderasse überhaupt liegt oder ob Mensch und Hund an den gegenseitigen Ansprüchen verzweifeln. Wichtig ist, die eigene Lebensplanung sowie den Lebensrhythmus in die Überlegungen einzubeziehen. Bin ich ein Couchpotatoe bringt mir ein Husky, der am Tag einige Stunden auch körperlich gefordert werden will, sicher keine Freude. Genauso wenig ist ein Molosser für aktive Menschen, die mehrmals am Tag Joggen oder Fahradfahren wollen, zu empfehlen.

Es ergeben sich bei diesen Gedankenspielen Anknüpfungspunkte für ein späteres Gespräch mit einem Züchter, da man belegen kann, dass man sich mit den Anforderungen an den Hund auseinandergesetzt hat.

Im Übrigen unterstützen heutzutage auch vielfach Hundetrainer und Hundeschulen Interessenten bei der Auswahl der Hunderasse und der Suche nach einem Züchter.

Der Züchter ist der entscheidende Faktor für die Bedeutung des Menschen im Hundeleben

Wie wir heute aus der Forschung wissen, beginnen für das spätere Verhalten von Hunden wichtige Abschnitte bereits, wenn der Hund noch gar nicht auf der Welt ist. Der Verhaltensbiologe Udo Gansloßer hat dies in seinem mit Hundetrainerin und Züchterin Petra Krivy verfassten Buch „Ein guter Start ins Hundeleben“ eindrücklich beschrieben.
Bereits die Auswahl der Zuchttiere kann einen entscheidenden Einfluss auf die charakterliche und körperliche Entwicklung des Hundewelpen haben. Verpaart man zwei wenig stressresistente Individuen miteinander, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich diese Stressempfindlichkeit vererbt. Dies hat sowohl etwas mit der genetischen Disposition, also der Vererbung bestimmter Eigenschaften, aber auch mit dem mütterlichen Vorleben von Fähigkeiten, etwa zur Konflikt- oder zur Problemlösung in der für den Welpen wichtigen Prägephase zu tun.

Dort wo in der Vergangenheit primär auf Zuchterfolge (im Sinn der Prämierung auf Shows) gezüchtet wurde, also zuerst Zuchtsieger mit entsprechendem Stammbaum verpaart wurden, liegt die Gefahr darin, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie z.B. Aggression als Konfliktlösung oder gesteigerte Ängstlichkeit an die Nachkommen direkt oder indirekt weiter gegeben werden, wenn bei der Auswahl der Elterntiere nicht Persönlichkeitsmerkmalen die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Auch hat der Deckakt selber einen wichtigen Einfluss auf die emotionale Befindlichkeit der Mutterhündin. Wo in der Natur der der mentalen, genetischen und physischen Harmonie der beiden Paarungspartner einen hohe Bedeutung zukommt – stark Hündinnen werden unpassende Partner eher abweisen – nimmt der Züchter hier bewusst Einfluss, indem er der Hündin oft keine Wahl lässt, besser passende Partnerrüden auszuwählen. Es sind Fälle bekannt, wo der Paarung mit Gewalt nachgeholfen wurde, bspw. durch Fixieren der Hündin, unter Anlegung von Maulkorb oder durch Aufheben des Rüden. Eine solche Vergewaltigung hat zur Folge, dass die Befruchtung bereits mit einer hohen hormonellen Portion Stresshormone einhergeht, was später zur Folge hat, dass tendenziell eher schwache und benachteiligte Jungtiere zur Welt gebracht werden.

Der nächste wichtige Aspekt betrifft die Situation der Mutterhündin in der Schwangerschaft. Wie aus verschiedenen Forschungsprojekten zu einer Vielzahl von Säugetierarten belegt ist, spielen die Faktoren Stress, Ernährung oder Wurfgröße und –zusammensetzung (d.h. das Verhältnis und die Lage von männlichen zu weiblichen Föten) eine große Rolle für die Entwicklung und das spätere Verhalten der Welpen. Nicht zuletzt dadurch ist es zu erklären, dass viele weibliche Hunde, die sich in einer rüdendominierten Wurfsituation entwickelten, wo also im Mutterleib ein hoher Anteil des Hormons Testosteron vorhanden war, später in der Pubertät ein rüdenähnliches Markierverhalten, etwa mit erhobenem Hinterbein und intensivem Scharren entwickeln.

In Situationen, wo während der Schwangerschaft erhöhte soziale Rangordnungserlebnisse zu konstatieren sind - beispielsweise, wo sich eine Mutterhündin laufend gegen anwesende Hündinnen behaupten muss (gar nicht so selten in größeren Züchterhaushalten, wo unterjährig verschiedene Würfe vorkommen) – hat diese Stressaktivität Auswirkungen auf Entwicklung und das spätere Verhalten der Hundewelpen.

Aufkommen und ausgewogene Zusammensetzung der Ernährung einer Mutterhündin hat über den Aufbau und die Zusammensetzung der Aminosäuren und den Aufbau der Neurotransmitter erheblichen Einfluss auf die spätere Stresssensibilität der Welpen. Ein guter Züchter wird sich der komplexen Zusammenhänge der Ernährung bewusst sein und seine Kunden ausführlich über die beste Ernährungsform und –art informieren. Aber Achtung: viele Züchter werden über Züchterprogramme von den großen Futterherstellern gesponsort und erhalten Boni, wenn die Kunden später bei den Herstellern direkt bestellen. Seien Sie hellhörig, wenn es heißt, dies Futter und kein anderes.

Sind die Welpen auf der Welt, ist es für sie wichtig, in eine stabile Umgebung hineinzuwachsen. Dies umfasst eine geringe Störungshäufigkeit durch Außenkontakte, wie Besucher, Kinder etc. Ganslosser weist darauf hin, dass das Risiko für die spätere Entwicklung von Stereotypien oder Hyperaktivität wächst, wenn z.B. kleinere Kinder im Züchterhaushalt präsent sind. In diesem Moment sind die notwendigen Bedingungen von Ruhe und Stabilität für den Wurf kaum gegeben. In guter Züchter wird auch Besucherkontakte erst ab einem Zeitraum von 5-6 Wochen zulassen, da sich erst ab dieser Zeit das Fenster für die bewusste Aktivierung von Umweltzusammenhängen öffnet.

Der Aufbau einer individuellen Bindung an bestimmte Menschen ist erst ab der ca. 14. Lebenswoche möglich. Bis zur 10. Lebenswoche lernt der Welpe, alles was zwei Beine hat, ist toll. Ab diesem Zeitraum ist es wichtig, dem Welpen systematisch neue Umwelteinflüsse zu präsentieren und ihm die Erfahrung zu vermitteln, dass er seine Umwelt beeinflussen kann. Dies kann z.B. über einen Ball erfolgen, den der Welpe berührt und der daraufhin wegrollt. Es ist jedoch ein schmaler Grat zwischen Aktivierung und Überforderung.

Der Züchter wird dem Welpen hinreichend Berührungspunkte mit seiner neuen Umwelt präsentieren, z.B. Spielzeug, Haushaltsgeräte oder Kleidungsstücke, wird dabei stets jedoch für ausreichend Ruhe- und Verarbeitungsmöglichkeit Sorge tragen. Das Risiko besteht dort wo über eine zu hohe Aktivierung und die Überentwicklung des Aktivierungshormons Dopamin ein mögliches späteres Suchtverhalten gefördert wird. Zu nennen wären da vor allem Ball- und Hetzspiele, jedoch auch Fährtenarbeit oder Futterbeutelspiele.

Die zukünftigen Hundebesitzer werden es dem Züchter danken, wenn er den Welpen bereits einige sensible Lernerfahrungen nahebringt. Zu nennen wären da Grundlagen der Stubenreinheit, Autofahren oder Alleinebleiben. Alles Erfahrungen, die für den Hundewelpen nicht selbstverständlich sind, da sie in der Natur so nicht vorkommen. Die Kenntnis und Akzeptanz dieser Situationen werden den Welpen die Eingewöhnung erleichtern und den neuen Besitzern die Nerven schonen.

Auch wird der verantwortungsvolle Züchter bereits beibringen, einige grundlegende Verhaltensweisen zu üben, als da wären Impulskontrolle, Frustrationstoleranz oder Signalkontrolle. Die zukünftigen Welpenbesitzer sind sicher positiv überrascht, wenn der Hund sich vor den Mahlzeiten hinsetzt und erst auf Signal an seinen Napf geht, Abbruchsignale, wie das Wort Nein kennt und beherrscht oder auf Pfiff aus der Hundepfeife hin alles stehen und liegen lässt und angerannt kommt, weil er denkt, es gibt seine nächste Mahlzeit. Auch die Gewöhnung an Halsband oder Hundegeschirr sowie Hundeleine ist begrüßenswert.

Den Interessenten wird der Züchter zu jedem der Welpen aus dem Wurf wissenswertes über Persönlichkeit und Charakter des individuellen Tieres sagen können. Er ist derjenige, der die Welpen seit Geburt kennt, sie bei den Mahlzeiten betrachtet und sich ein Bild über die jeweiligen Unterschiede macht. Dies wird nach einem ausführlichen Gespräch über Vorlieben, Lebensumstände und Fertigkeiten der zukünftigen Hundebesitzer die Grundlage für seine Empfehlung eines bestimmten Individuums sein. Der verantwortungsvolle Züchter möchte sicher gehen, dass seine Welpen in vernünftige Hände geraten und er nicht nach wenigen Tagen mit der Rückgabe der Welpen konfrontiert wird, da sich die Realität anders darstellt, als erwartet.

Der Züchter wird auch gerne die Mutterhündin präsentieren. Die Betrachtung der Mutterhündin und deren Verhaltens ist wichtig, da sie den Welpen als primäre Referenz für angemessene Reaktionen auf zukünftige Begegnungen gilt. Die ideale Mutterhündin geht liebevoll mit den Welpen um, sorgt für Körperhygiene, putzt und leckt die kleinen Welpen, um die Körperfunktionen zu unterstützen, spielt viel mit ihren Kleinen, setzt aber auch im Spiel mal deutliche Grenzen. Eine Hündin, die ein gesteigertes Maß an Sensibilität in Form von Furcht oder Aggression gegenüber neuen Erlebnissen wie Besuchern oder Objekten zeigt, ist sicher kein souveränes Leitbild für die Welpenschar.

Vor Übergabe an die neuen Besitzer bereitet der Züchter seine Welpen vor. Er legt z.B. am Vortag der Abholung ein getragenes Unterhemd der neuen Familie mit ins Welpenbett, damit der Welpe sich bereits an den Geruch gewöhnt. Er wird eine Auswahl an Lieblingsgegenständen des Welpen mitgeben, damit der Einzug des Welpen durch etwas Bekanntes begleitet wird. Außerdem wird der Züchter eine genügend große Portion des bisherigen Welpenfutters, damit eine eventuelle Futterumstellung systematisch erfolgen kann, um nervositätsbedingte Umstellungsreaktionen (z.B. Durchfall) zu vermeiden. Gegebenenfalls hat bereits der Züchter die Umstellung vorgenommen, sodass der Welpe bereits auf sein neues Futter umsteigen kann.

Wichtig zum Schluss, der Züchter wird sich in einem Kaufvertrag verpflichten, den Welpen zumindest bis zu einem bestimmten Alter zurückzunehmen, sollten die Lebensumstände des neuen Besitzers eine weitere Hundehaltung nicht zulassen. Somit ist sichergestellt, dass der Hund eine faire Chance auf ein weiteres Zuhause hat und nicht über den Umweg Tierheim gehen muss.

Abschließende Empfehlungen

Die grundlegende Empfehlung lautet, suchen Sie einen Züchter, der dem Verband Deutsches Hundewesen (VDH) angeschlossen ist. Der VDH ist der Dachverband aller deutschen Zuchtverbände und somit auch der angeschlossenen Züchter.

Zwar ist der VDH zumindest mitverantwortlich für einige der Fehlentwicklungen in der Hundezucht (Stichwort Qualzucht), er hat jedoch eine Liste von Mindeststandards erstellt, der sich jeder angeschlossene Züchter unterwerfen muss. Dazu gehören etwa Mindestimpfschemata oder regelmäßige Kontrollen durch Zuchtwarte Dies sind absolute wichtige Mindeststandards, mehr jedoch nicht.

Wenn ich mir einen Welpen suchen würde, wäre mein erster Baustein der Recherche ein Besuch des Züchterverzeichnisses des VDH, der zu über 300 Rassen die passenden Züchter auflistet. Hier können Sie einen Züchter auswählen, der sich in Ihrer Nähe befindet.

Nicht Pedigree sondern Persönlichkeit

Der weitere Verlauf ist Fleißarbeit. Es gilt, den passenden Züchter zu recherchieren, zu kontaktieren und kennen zu lernen. Fragen Sie ruhig. Der verantwortungsvolle Züchter wird Ihnen gerne sein Zuchtkonzept präsentieren und sich Ihren Fragen stellen.

Gegebenenfalls sollten Sie einen vorbereitenden Besuch vor Ort verabreden, um die Person kennenzulernen und sich ein Bild über die Situation vor Ort zu verschaffen. Lernen Sie die Mutterhündin kennen, verschaffen Sie sich einen Eindruck über die Persönlichkeit von Mensch und Tier, da diese in wechselseitiger Beziehung stehen. Fragen Sie nach dem Deckrüden, warum dieser und kein anderer. Unter Umständen können Sie auch beim Deckakt dabei sein. Dort können Sie den Rüden sehen (Achtung, sein Interesse wird in diesem Moment jedoch woanders sein). Sie können sich überzeugen, dass in diesem Moment alles Stressfrei und harmonisch abläuft.

Ab der fünften Woche, in der die Aktivierungsphase des Welpen beginnt, sollten Sie mehrere Besuche einplanen. Wenn die Welpen Sie in dieser Phase bereits öfters sehen, wird die spätere Bindung gefördert. Außerdem eröffnet Ihnen dies eine einmalige Chance, die Entwicklung der Hundekinder zu vefolgen.

Zu guter Letzt ist jedoch eines unabdingbar. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Ist dieser Züchter ein Mensch, dem Sie auch Ihre Kinder zur Erziehung anvertrauen würden. Haben Sie hier Zweifel, ist ein Rückzug angebracht. Haben Sie jedoch den Eindruck, hier ist ein strukturierter, hingebungsvoller und verantwortungsbewusster Mensch, haben Sie bestimmt den richtigen Ort gefunden. Oftmals haben sich über einen regen Austausch auch anhaltende Freundschaften ergeben, da das gemeinsame Interesse eine gute Basis bildet.

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